Mittwoch, 13. März 2013

Die Braut, die sich nicht traut, oder: Porchierte Eier

Julia Roberts wußte in „die Braut, die sich nicht traut“ verdammt wenig darüber, wer sie selbst eigentlich war und was sie im Leben wollte. Ein Umstand, der mir verdammt bekannt ist. Es ist besser geworden. In den letzten Jahren habe ich mich mit einigem befasst, um immer wieder herauszufinden: Fast alles, von dem mein Kopf sagte, das sollte ich kennen oder können … langweilt mich.

Aus dem Film haben sich jedoch zwei Impulse festgesetzt. Daraus wurde zum einen der Plattenkauf „Kind of Blue“ von Miles Davis – leichter Jazz, und super-klasse für nachts im Auto, am besten auf der leeren Autobahn. Blöd allerdings, wenn man kein Auto hat, so wie ich seit viel zu vielen Jahren.

Die andere Sache war das mit den Eiern. Julia Roberts wußte nicht, wie sie ihre Eier am liebsten mag: gekocht, als Spiegelei, Rührei, Eier Benedikt oder porchiert.

Bisher fehlte mir noch immer das Wissen darum, was das überhaupt ist: Eier Benedikt (obwohl es sich gut anhört, so rein vom Wortklang), oder „porchierte“ Eier. Und da die Küche nicht zu meinen bevorzugten Spielplätzen gehört … hatte ich bislang noch nicht herausgefunden, wie das nun geht, geschweige denn schmeckt. Obwohl ich schon eine grobe Idee hatte, wie es schmecken könnte. Immerhin platzen ja manchmal Eier, die einfach nur gekocht werden sollen.

So. Heute aber! Ich habe mir porchierte Eier gemacht. Und: ich mag es, wie das Eiweiß sich anfühlt, wenn man es isst. Ein wenig, wie die feine Haut einer geschälten Lichi. Diese glatte Oberfläche – ich finde, das hat was.
 
Und wie es schmeckt? Na, wie Ei eben ;-)

Um denn der Vollständigkeit halber noch zu sagen, wie's funktioniert: Man nehme heißes Wasser (nicht kochend!), und lasse das Ei, das man zuvor in ein Glas geschlagen hat (nicht verquirlen), in das Wasser gleiten und mit einem Löffel dreht man dann das Ei vorsichtig, damit sich das bereits gerinnende Eiweiß um das Eigelb legt. Und dann garen lassen. Drei bis fünf Minuten. Fertig. Laut Kochbuch gehört in das Wasser auch ein Schuß Essig. Das hat allerdings den Nachteil, dass es hinterher in der Wohnung ordentlich nach dem Zeug riecht. Bei meinem nächsten Versuch werde ich den Essig weglassen. Wenn das Ei sich dann noch genauso glatt anfühlt, bin ich zufrieden. Wenn nicht, werde ich wohl mit dem Geruch leben müssen.

Bon Appetit.

 
Und wie mögt ihr eure Eier?

Samstag, 10. November 2012

Mit Supra-Lens wäre das nicht passiert


„Action, Leute, ich will Action sehen. Ja, gut, genau! So muss das sein, so wird da ein Schuh draus!“ Klaus heizte seinem Team ein. „Aber Lisette, Mäuschen, dein Lächeln ist ja bezaubernd, nur leg bitte etwas mehr Selbstvertrauen hinein! Sei keck, los, mach Hartwig an, dafür hast Du doch diese Sahneschnitte!“

Statt zu flirten, prustete Lisette jedoch plötzlich los.

„Was denn, was denn jetzt? Lisette! Was soll das?“

Während Klaus noch ratlos um sich sah, drehte Hartwig sein Gesicht in Richtung Kamera, bis er Klaus im Blick hatte und zeigte ihm frontal seine hochgezogene linke Augenbraue.

Arne, der Kameramann, war begeistert: Hartwig in Bestform. Reduzierte, isolierte Mimik mit maximaler Wirkung. Ein echter Könner.

Klaus sah das allerdings anders: „Das ist jetzt nicht Dein Ernst! Du verschwendest meine Zeit. Verflucht, Du bist ein Vollprofi, mach gefälligst keinen Scheiß, klar? Spiel deine Rolle und spar Dir den Spaßvogel!“

„Aber natürlich“, stimmte ihm Hartwig, der Vollprofi, seelenruhig zu und drehte langsam seinen Kopf zurück in Position.

Für eine Sekunde schien die Situation geklärt und Klaus befriedigt, doch dann kicherte Lisette erneut.

„LISETTE!“

„‘Tschuldigung“, gluckste sie und schloss die Augen, um zur Ruhe zu kommen. Sie atmete tief ein, blickte anscheinend gesammelt zu Hartwig – und fing sofort wieder an.

Klaus verdrehte die Augen, aber das half ihm auch nichts: schmunzelnd wandte Hartwig sich zum zweiten Mal in Richtung Kamera und zeigte sein gekonntes Augenbrauenhochziehen, während Lisette sich mit jeder weiteren seiner Zuckungen mehr und mehr in einen Lachanfall hineinsteigerte.

Es dauerte eine geschlagene viertel Stunde, bis sie sich endlich beruhigt hatte und der Dreh weitergehen konnte. Aber jetzt brachte sie es: das Mädchen flirtete auf Teufel komm raus mit Hartwig.

Nur wenig später rief Klaus erleichtert: „Cut!“, und Hartwig verließ zufrieden seinen Platz, während ein anderer diese Position einnahm. Als er an Arne vorbeikam, raunte Hartwig selbstzufrieden: „Ich habe ihm nur bei seinem Job geholfen.“

„Und das hast Du verdammt gut gemacht!“

Die nächste Szene begann mit einem closeup auf Lisettes Augen, in die sie jetzt einen sexy Silberblick legte, und für Arne wurde sein Job plötzlich verteufelt unbequem, als ihr Flirt mit der Kamera viel mehr ihn persönlich zu meinen schien, es in seiner Hose höllisch eng wurde und er sich kaum an die nächste Einstellung erinnern konnte. Er musste alle noch brauchbaren Gehirnzellen zusammenkratzen, um von ihrem Gesicht auf den Picknickkorb zu schwenken, in den ihre zarten Hände eintauchten und Stück für Stück eine Decke, Teller und Gläser, Besteck und Flaschenöffner, Wein, Weintrauben und Käse hervorholten. Doch schon als sie das rot-weiß karierte Tuch sorgsam ausgebreitet hatte, begann Arnes Körper, sich zu beruhigen.

Während Lisette alles weitere flink an den für die Kamera unsichtbar markierten Plätzen positionierte, war es Zeit für ihren Text: „Ich habe ein Gedicht über Blind Dates geschrieben. Warte, ich lese es Dir vor.“

Gleich darauf schwamm ihr Blick haltlos durch das Bild, während sie ein Blatt Papier hervorkramte, es mit tastenden Bewegungen auseinanderfaltete, um es anschließend mit zusammengekniffenen Augen zu taxieren und ihr Gesicht verriet, wie wenig sie laut Drehbuch erkennen konnte.

Arne, nun wieder ganz Herr seiner selbst, konzentrierte sich auf die Nahaufnahme ihrer Hände, folgte der linken, die ein pinkfarbenes Etui aus dem Korb fischte, es öffnete, eine Brille herausnahm, das Etui fallen ließ, die Brille auseinanderklappte und auf ihre Nase setzte, womit die Kamera wieder die Augen erfasste, die sich scheinbar am Papier auf ihrem Schoß festgefressen hatten. Als Lisette anschließend zufrieden lächelnd zu dem vor sich sitzenden Mann sah, erstarrten ihre gerade noch anmutigen Bewegungen.

Die Kamera folgte ihrem fassungslosen Blick und im Angesicht einer glubschäugigen, schnapsnasigen Visage mit ekelhaft gelben Stummelzähnen würde später eine Stimme aus dem Off feststellen: „Mit Supra-Lens wäre ihr das nicht passiert.“

Sonntag, 23. September 2012

Von einem Erzähler, der es satt hatte...

... aus seiner Vergangenheit zu erzählen –
Eine monologartige Erzählung
 
Natürlich, ich stimme Ihnen zu! Voll und ganz, aus Überzeugung und intensiver Auskostung diesen Potenzials zur Unterhaltung der Umgebung. Natürlich, das Leben ist eine Schatzkiste voller Erlebnisse, Erfahrungen und Eindrücke. Wie sollte man nicht – vor allem als literarisch tätige Person – diesen Schatz nutzen, tief hineintauchen und bergen, was immer sich dort an Reichtümern findet? Ihre Frage ist berechtigt und soll eine Antwort finden.
Ganz einfach, sage ich Ihnen: wenn bereits zur Genüge getaucht worden ist, der Erzähler die Jagdgründe in- und auswendig kennt und sich nun nach neuen Horizonten sehnt – dann, ja, dann gleicht es einer Tortour, sich erneut zu wappnen und hinabzusteigen in die eigenen Weiten und Tiefen, um im Schlamm der Vergangenheit zu wühlen, dessen er doch längst so überdrüssig ist!
Und so macht der Erzähler sich auf, neue Welten zu entdecken, wenngleich, da er so lange auf sich selbst fokussiert gewesen war, er Schwierigkeiten haben mag, einen Anfang zu finden, schon allein in der Wahl, wo er diese suchen soll. Doch er hat Glück: er lebt in einer Zeit, die sich des Papiers bedient und der Technik, und so mehr als nur Buchstaben, gleich ganze Sätze und mit ihnen Geschichten und Geschehnisse verbreitet sind, in mehr oder minder sinnvollen Zusammenhängen, und kaum hat der Erzähler sich also entschieden, sich der Presse zuzuwenden, wird er fündig! Eine Zeitung bringt ihm die ersehnten Neuperspektiven: mit politischer Verfolgung, menschlichen Dramen, wirtschaftlichen Pleiten. Sogar einige positive Eindrücke lassen sich ausmachen, darüber, was es sonst noch so zu sehen gibt auf dieser Welt.
Und so vertieft sich der Erzähler, bevor er erneut zu erzählen beginnt, in das raschelnde Papier. Er lässt Radio und Fernseher schweigen, um vollends einzutauchen, wieder einmal, nur diesmal nicht in seine eigenen, sondern die Abgründe der Welt und er staunt nicht schlecht, und das nicht nur über seine schwarzen Finger am Ende der Lektüre. So empfindet er schließlich seine eigenen Katastrophen, verglichen mit diesen, als durchaus mäßig, ist erschüttert von den Strukturen, die sich da zeigen im Umgang der Menschen miteinander, und beglückwünscht sich zum äußeren Frieden seiner Vergangenheit, wie sehr sie ihn auch gebeutelt haben mag. Immerhin: er lebt und er lebt gar nicht mal schlecht. In seinem Körper, in seiner Wohnung, in seiner Straße, in seiner Stadt, in seinem Land. Sogar in seinen Beziehungen!
Und so lehnt er sich zurück in seinem Lehnstuhl und schaut sich zufrieden um in all dem und eine seltsame Ruhe überkommt ihn und der Drang zu erzählen lässt für einen Moment nach, denn seine Geschichte ist ja längst erzählt und erzählt und wieder erzählt und sogar wahrhaft zur Genüge erzählt, vollends, so, wie sie bisher war und er sie kennt.
Doch das Neue, was er nun sieht - auch das mag oft wiederholt werden und manch einem viel zu oft. Ein Anderer kann vielleicht gar nicht mehr zuhören, ein Dritter verschließt die Augen und leidet im Luxus, ohne sich dessen gewahr zu sein, blind für den Reichtum seines Seins.
Und so sitzt der Erzähler in seinem Lehnstuhl und denkt all diese Gedanken, die ihren Ursprung darin gefunden haben, dass er sein eigenes Leben so ausführlich erzählt hat an anderer Stelle und auch das bereits Geschriebene so oft wiederholt ist, dass es langweilen mag. Was bleibt ihm noch zu tun? Und während er dasitzt und sich wundert, so bleibt doch sein gelassenes Herz weit und wie nebenbei streift sein Blick das Papier, und mit einem Mal sieht er neue Geschichten. Geschichten, die sich speisen aus der Gegenwart dessen, was dort steht und aus seiner Fantasie;  Geschichten, die, obgleich nicht seine, weil nicht von ihm gelebt, so dann doch seine, weil von ihm erdacht und verbunden mit den Schätzen, die er schon zuvor gefunden hat in den Tiefen seines eigenen Seins und Erlebens und so entscheidet er, doch weiterhin Erzähler zu bleiben, solange sich ihm Sätze zeigen, die sich zusammenfügen in seinem Geist zu Bildern und Erzählungen; vielleicht kein Realitätsschreiber, sondern ein fiktiver, und doch keineswegs fiktiv, denn die Emotionen und Bilder – sind sie jemals wahrhaft neu? Oder nicht doch immer nur neu in ihrem Zusammenspiel, mal lustig, mal schaurig, mal heiter, mal traurig – ups, das reimt sich jetzt auch noch. Und ja, so gebe ich Ihnen noch einmal Recht: Das eigene Leben ist eine unverzichtbare Schatzkiste, und seien nur die Farben daraus verwendet, die den Grundton ergeben, in dem die Erzählung erstrahlt.

Mittwoch, 22. August 2012

Er spielt in Bremen!

Für den letzten Roman, den ich gelesen habe - mal wieder gewonnen bei Vorablesen.de - gab es (für mich) zwei gute Gründe, es zu tun:
  1. Er spielt in Bremen
  2. Die Protagonistin arbeitet im Ordnungsamt. Was daran so doll ist? Ich hab mittlerweile zwei Spezis, die auch "beim Amt" arbeiten + momentan eine laufende Bewerbung. Ebenfalls "beim Amt".
Tja, gibt es ansonsten gute Gründe, diesen Roman zu lesen?
Für Männer schon mal eher nicht, es ist wieder ein so ein richtig typischer Frauenroman! Irgendwie lande ich ganz schön oft bei den Dingern. Aber da ich selbst ja Gott-sei-Dank eine Frau bin, ist das wohl nachsehbar.

Okay, dann mal was zum Buch. Sollte sein, oder?
Es heißt Hier und jetzt und Himbeerkuchen, und die Autorin Agnes Nelle. Sie hat übrigens länger als Psychotherapeutin gearbeitet. Ach, Mensch, noch eine fast-Parallele. Das merkt man dem Roman aber nicht besonders an. 

Iris, die Protagonistin, ist ein absolutes Gewohnheitstier (und von daher im Ordnungsamt durchaus passend angesiedelt). Jeder Samstag gehört ihr und Jörg und dem Fernseher. Jeden Sonntag backt sie Kuchen. Alle 14 Tage trimmt sie ihm die Nasenhaare. Ihrer Ansicht nach ist alles perfekt - naja fast. Wenn sie jetzt noch verheiratet wären und Kinder hätten ...  Doch dann macht Jörg mal eben nach einer Nasenhaarkürzung Schluß und eröffnet ihr, sie solle innerhalb von zwei Wochen aus seinem Elternhaus ausziehen, er habe bereits eine Neue, jüngere und die solle bei ihm einziehen. Schöne Scheiße.
Die Nacht verbringt Iris im Auto. Am nächsten Tag, noch halb im Schockzustand, begleitet sie in der Mittagspause Felix, den 25-jährigen Sohn ihres Vorgesetzten zu einer Magenspiegelung (wo er ihr, noch voll benebelt von den Beruhigungsmitteln, im vollbesetzten Wartezimmer eine Liebeserklärung macht), abends geht sie mit ihrer Freundin Emma erst mal zu einem Niedergarkurs, bevor sie dazu kommt, endlich jemandem ihr Herz auszuschütten. Dort lernt sie dann aber immerhin gleich Niklas kennen. Einen attraktive, aufmerksamen, sensiblen Mann. Der einzige im Kurs unter Frauen, und er hat nur Augen für sie!
Und dann wird es turbulent. Niklas ... naja ... zeigt sich irgendwie als nicht ganz normal, und selbst Iris bemerkt das, obwohl sie sich alle Mühe gibt, sich selbst etwas vorzumachen. Sogar bei Emma, die sie nach kurzem Zögern doch noch unterschlüpfen lässt, ist alles anders als gedacht.

Also, Fakt ist: es IST ein Frauenroman. Da ist nichts schön zu reden. Einer von der seichten Sorte. Gut für Strand, Urlaub, Wochenende, Sofa, nicht-denken, durchschmökern, fertig. Keine intellektuellen oder tiefsinnigen Highlights, auch nicht in irgendwelchen Nebensätzen. Eher eine ziemlich nervige Art der Protagonistin, sich selbst Dinge einreden zu wollen, von denen alle anderen sich fragen: wieso kapiert sie es bloß nicht? Was den Teil angeht, kann ich es nicht empfehlen, andere haben vielleicht genau daran ihren Spaß.
Allerdings war ich mehr als einmal von den Wendungen überrascht. Eine Enddreißigerin, die eine Liebeserklärung von einem 25jährigen bekommt, kann ich mir zumindest gefallen lassen. Ok. Vielleicht bin ich da doch selbst ein wenig ... anfällig für Kitsch. Egal.

Wie auch immer: ICH war hin und wieder überrascht, und das machte das Buch dann für mich doch auch von der erzählerischen Seite - neben den oben genannten Aspekten - interessanter. Was besseres kann ich leider nicht dazu sagen, und was ihr jetzt damit anfangt ... das ist an euch.

Habt einen schönen Tag! Es ist immerhin Sommer ...




Mittwoch, 18. Juli 2012

Blondinen bevorzugt (oder: Auf ein Alster in’s Brauhaus)

Neulich, also neulich, wisst ihr, da war ich mal mit Ninchen, einer Kollegin Schrägstrich Freundin nach der Arbeit noch einen Trinken. Genauer gesagt war es einS, also ein Alster, in so einer Kneipe, oder ist es mehr ein Bistro? Nee, ich glaube, es ist eine Kneipe oder so, also neulich. In Hamburg. Kneipe. Alster. Sehr lecker üprigens, weil die machen das da selbst, das Bier, und das Alster dann natürlich auch. Nur die Limmo wohl nich. Die kaufen sie bestimmt.

Jedenfalls sind Ninchen und ich da hin, weil wir ne Runde quatschen wollten, wie Frauen das halt so tun, nich wahr? Ich sag üprigens Ninchen zu ihr, weil sie immer so lustig ist und lacht – da kann man ruhig ein „chen“ an den Namen ranhängen und so, find ich, und ich glaub, sie hat auch gar nichts dagegen.

Ninchen ist aber auch ne Blondine. So ne total blonde Blondine, und dann mit dem Lustig sein und Lachen… das fällt schon machem ins Auge. Da muss sich echt niemand drüber wundern.

Wir sind also lachend da rein, in die Kneipe, und haben erst mal nach nem Tisch geguckt, aber da war keiner, war alles besetzt. Also haben wir uns Hocker direkt am Tresen geschnappt. Ich persönlich find Tresen ja auch irgendwie cool, auch wenn man natürlich viel unbequemer sitzt, weil man sich ja nirgends anlehnen kann, nur am Tresen halt, und dann hockt man da, wie Leute eben so an einem Tresen hocken – nach vorne gebeugt und auf die Holzplatte gestützt. Egal. Das war jetzt auch voll nebensächlich.

Wie wir also da saßen, kam dann auch ein Kellner. Heißt das echt Kellner? Müsste da nicht noch eine andere Bezeichnung her? ‚Ober‘ geht gar nich, soviel ist schonma klar – aber Kellner hört sich auch übertrieben an. Servierer ist aber ja noch schräger.

Der Typ, der uns dann also fragte, was wir wollten, obwohl wir ja am Tresen saßen und der andere dahinter uns auch einfach über den Tisch hätte fragen können, der guckte gleich so und freute sich, Ninchen zu sehen. Die gefiel ihm wohl! Ist das jetzt voll gemein, wenn ich erwähne, dass das ein Ausländer war? Ausländer stehen immer ganz besonders doll auf Blondinen. Hab ich so beobachtet.

Klar haben Ninchen und ich das auch gleich bemerkt, wie er neugierige Augen machte und uns – also, nee, SIE – gefragt hat, ob wir (er meinte total NUR SIE!) öfter in die Kneipe da kämen. Es war grad Donnerstag, und wir waren echt schon ein paarmal an nem Donnerstag da, also hat Ninchen ihm das auch gesagt. Wir haben uns übrigens auch noch ne Weißwurst bestellt und geteilt, die es da gibt. Irgendwie ganz lustig, hin und wieder mal ne Weißwurst zu essen, zuzeln heißt das, hab ich mal irgendwann gehört. Also, eigentlich nimmt man ja die Wurst, ich weiß jetzt gar nich, ob einfach in die Hand, und zuzelt die Wurst aus der Pelle raus. Das ist so ein Lutschen und Saugen. Wenn man sich das so vorstellt oder sogar anguckt: das gehört echt nich in die Öffentlichkeit. Haben wir natürlich auch nich gemacht, dieses Zuzeln. Wir haben sie ganz normal mit Messer und Gabel gegessen, nur, dass wir uns eben eine Portion geteilt haben, was supergut geht, sind nämlich immer zwei Würste und wir hatten beide nich so viel Hunger. Hat er natürlich auch gleich kommentiert, dass wir (also Ninchen) so genügsam essen. Er hatte wohl Angst, sie könnte zu dünn werden und ihm dann nich mehr so gut gefallen. Aber an dem Tag hatten wir eben nich so viel Hunger. Muss ja auch mal sein dürfen.

Für ein zweites Alster hat uns dann auch die Zeit gefehlt, was echt schade ist, das ist wirklich total lecker! Ich kann es nur empfehlen, und Ninchen stimmt mir voll zu, das weiß ich!

Jedenfalls, als wir dann bezahlen wollten, guckte er ganz traurig und fragte noch, ob wir denn nächste Woche wieder kämen. Klar, mich hat der überhaupt nich gemeint, aber das muss ich ja jetzt wohl nich mehr erwähnen.

Als er mit der Rechnung kam, haben wir schon beide leicht misstrauisch auf den Zettel geschielt – wir haben nämlich gedacht, gleich schreibt er ihr seine Telefonnummer auf. Nee, da stand aber nix und hat er auch nicht draufgeschrieben.

Wenig später kam er aber nochmal schnell zu uns, und gab Ninchen so eine Visitenkarte mit ner Wegbeschreibung. Damit wir – ihr wisst schon: sie – den Weg auch wieder hinfänden. Hm-m. Ja. Nee. Is klar.

Als er weg war, haben wir uns kurz angeguckt, und dann hat Ninchen mal eben die Karte umgedreht. Jupp – DA stand sie: seine Telefonnummer.

(Nachtrag: Nee. Sie hat nicht angerufen.)

(Nachtrag 2: Die Kneipe gibt es in echt, und das Bier ist wirklich superlecker. Ich kann jetzt nicht sagen, ob Männer das auch so sehen, vielleicht ist das auch ein echtes Frauenbier, weil es recht süß ist und nicht so herb, aber trotzdem gar nicht fade und irgendwie auch ein bißchen anders schmeckt.)

(Nachtrag 3: Ach ja, der Name der Kneipe: Brauhaus Joh. Albrecht)

Sonntag, 15. Juli 2012

Was wir alles selbst tun können ...

... in Sachen Krebs.

Oder genauer: in Sachen Krebsvorbeugung oder wenn er uns gar doch erwischt hat. Was ja leider verdammt oft vorkommt.

Das Gute ist: Wir können eine Menge tun. David Servan-Schreiber hat darüber ein wirklich gutes Buch geschrieben. Das Antikrebs-Buch.

Er selbst war Psychiater. Ein Mediziner also, und er befasste sich mit neurologischen Untersuchungen, um die Struktur des Denkens besser zu verstehen. Dieser Tatsache verdankte er es, dass ein Hirntumor bei ihm zufällig entdeckt wurde. Er ließ sich operieren. Er vertraute auf die Medizin. Der Krebs kam wieder. Er ließ sich erneut operieren - und suchte anschließend danach, was er sonst noch tun könne.

Seine Arztkollegen waren ihm dabei die geringste Hilfe. Und das ist etwas, was ich sehr wichtig finde, es zu bedenken und ihn deswegen umso ernster zu nehmen: ein Arzt, der sich zuvor selbst auch mit Krebspatienten auseinanderzusetzen hatte, wird selbst zum Patient. Er wechselt die Seite, und erfährt, wie oft seine Kollegen den kranken Menschen im Stich lassen, weil sie

  1. vollkommen absorbiert sind von der Aufgabe, in ihrem eigenen, stetig wachsenden und doch so eingeschränkten Bereich möglichst auf dem aktuellsten Stand zu sein, und
  2. kaum dazu ausgebildet sind, sich mit MENSCHEN zu befassen, mit GANZEN, KOMPLEXEN SYSTEMEN, sondern überwiegend mit einem sehr abgegrenzten Bereich einer bestimmten Körperregion oder Krankheit.

Das ist eine sehr wesentliche Beobachtung, denn sie belegt, wie wichtig es ist, unser Leben nicht einfach den Medizinern zu übergeben und zu glauben, sie werden schon alles richten. Sie KÖNNEN es schlicht und einfach nicht, weil auch ihr Wissen begrenzt ist, auch ihre Kompetenz mit Krankheit umzugehen davon abhängt, wie sehr sie bereit sind, sich auf das Leiden ihrer Patienten einzulassen (sich ein "dickes Fell zuzulegen", wird immer noch gern als Schutzmaßnahme verstanden, um als "Helfer" nicht am Leiden des Patienten zu zerbrechen - nur: wo ein dickes Fell ist, ist eben keine Einfühlung, und wo keine Einfühlung ist, ist auch kein Verständnis. Es KANN kein Verständnis da sein, denn das emotionale VERSTEHEN wird ja verhindert durch das dicke Fell ...), und weil auch ihre ZEIT endlich ist. Es gibt so viel zu wissen - aber meistens reicht eben die Zeit nicht aus, es sich anzueignen!

Und so machte sich als David Servan-Schreiber auf die Suche. Er fand heraus, wieso Ernährung sich eigentlich auf die Gesundheit auswirkt und er beschreibt einige wesentliche Aspekte, wie zum Beispiel das Verhältnis von Omega3- zu Omega6-Fetten, das übrigens mit "Bio" im Sinne von artgerecht und natürlich einhergeht! Und natürlich geht es um eine gesunde Ernährung, die nun einmal viel Obst, Salat und Gemüse beinhalten MUSS. Das liegt in der Natur der Sache. Oder hat schon wer Pfannekuchen auf Bäumen wachsen gesehen?
Er befasst sich mit dem bewegten Körper - ich will jetzt nicht nur sagen: Sport, denn das greift zu kurz - und warum es so wesentlich ist, sich darum zu kümmern.
Er befasst sich mit einer gesunden, starken Psyche - denn es ist ein Unterschied, ob man scheinbar mit dem Leben und gesellschaftlichen Anforderungen (gut) klar kommt und vielleicht sogar (sehr) erfolgreich ist - oder ob man sich gut um sich selbst kümmert.

David Servan-Schreiber ist Wissenschaftler, und so verbindet er seine eigene Geschichte mit wissenschaftlichen Untersuchungsergebnissen aus diesen Bereichen. Er erzählt Geschichten von anderen Menschen, die Krebs hatten und ihn unterschiedlich gut auszubremsen verstanden, aber doch immer berichten, ihr Leben - das, was davon noch übrig war - habe gewonnen, indem sie aufhörten, nur die Medizin(er) für kompetent zu erklären und taten, was auch immer sie selbst tun konnten. Er klärt auf, was es mit Statistik auf sich hat und natürlich versteht er, worum es geht, wenn einer Krebs hat, denn er weiß es ja nunmal aus eigener Erfahrung.

Mir ist dieses Buch mehr oder weniger zufällig in die Hände gefallen. Trotzdem denke ich, es ist ein sehr lesenswertes Buch, selbst, wenn man sich "nur", und vielleicht sogar nur "ein wenig" für Gesundheit interessiert. Es macht jedoch vor allem Mut und bietet Orientierung, wenn es um mehr geht - um's blanke Überleben.

1Q84 – Teil 3

So, dann wird es langsam mal Zeit, Wort zu halten. Ich hatte ja versprochen, die Rezension der Fortsetzung zu Haruki Murakamis auch noch zu posten.

Der 570 Seiten lange dritte Teil des Romans 1Q84 besticht nicht gerade durch aufregende Handlung. Viel mehr wird die Geschichte, die im ersten Teil der Trilogie mit der Entstehung des Romandebüts der Puppe aus Luft und den eher ungewöhnlichen Charakteren im Handlungsverlauf am interessantesten war, langsam fortgeführt. Tengo kümmert sich um seinen im Koma liegenden Vater und wartet auf Aomame, Aomame wartet auf Tengo und währenddessen versucht Ushikawa, der im ersten Buch noch eine Nebenfigur ist, beiden auf die Spur zu kommen. Die Handlungen sind weitestgehend harmlos, eher langweilig. Gut, ich gebe es zu, sie sind nicht bedeutungslos. Aber sie beschränken sich auf die Beschreibung, wie die Charaktere ihre Tage verbringen, wobei ihr ganzes Denken sich jeweils um den oder die andere(n) dreht. Nicht wirklich spannend. Inhaltlich würde nichts verloren gehen, wäre die Erzählung um mindestens ein drittel kürzer. Verblüffender Weise liest es sich trotzdem recht leicht weg.

Der Charakter von Aomame hat leider sehr verloren und kann ich nicht mehr überzeugen: war sie im ersten Buch vor allem auf pragmatisch-berechnend und emotional wenig engagiert, wird ihr Gedankenleben im dritten Teil sehr viel durchschnittlicher. Befände sie sich nicht in ihrer ungewöhnlichen Situation, abwartend in einer Wohnung, wo sie nicht entdeckt werden darf - ihr Charakter wäre hier schlichtweg langweilig. Dieser Band fesselt leider weder durch seine Charaktere noch durch eine wunderbare Erzählung. Es verlegt sich statt dessen auf das gemächliche Verfolgen weitestgehend gemächlicher Ereignislosigkeit, und das Warten auf die erhoffte Vereinigung von Tengo und Aomame.

Auch im dritten Band neigt Murakami zur Wiederholung bereits bekannter Passagen. Natürlich, manchmal ist sie ein hilfreiches Stilmittel, um die Verbindung von Band drei zu seinen Vorgängern zu halten, teilweise aber füllt sie wieder nur die Seiten, ohne die Handlung oder die Gedankenentwicklungen der Figuren zu unterstützen.

Den dritten Band zu lesen, dient dem Leser schlicht schlicht der Vervollständigung der Geschichte. Zu diesem Zweck ist es keine Schande, ihn anzuschaffen. Das eine oder andere kuriose Element weist auch Buch drei auf, also Murakami Fantasielosigkeit vorzuwerfen, wäre doch verfehlt. Allerdings versäumt er es, die Idee der Little People, der Puppe aus Luft, etc. aufzuklären und weiterzuentwickeln. Die Figuren selbst beginnen zu begreifen, wie alles sich verhält – dem Leser bleibt diese Information jedoch vorenthalten. Böse Zungen behaupten, das stünde für Band vier zu erwarten.

Mein (vorerst?) abschließendes Fazit kann leider nur auf eines hinauslaufen: Die Trilogie gehört leider nicht zu den Werken, von denen ich denke, dass man sie unbedingt gelesen haben muss. Man kann. Aber man muss nicht.